Sportstiftung Hessen: Die Spiele ins Wohnzimmer bringen
Hintergrundbericht zu den hessischen Sportlerinnen und Sportlern der Special Olympics / Worldgames

Träume werden Realität: Bei den Special Olympics Weltspielen in Berlin (17. bis 26. Juni) kämpfen über 7000 Sportlerinnen und Sportler mit geistiger und Mehrfachbehinderung um Medaillen. Sie geben dem Inklusionsgedanken nie dagewesene Öffentlichkeit. Unter 414 deutschen Teilnehmenden sind 13 aus Hessen: Emma Spill und Nico Wohlust gehören dazu.
Die Aufregung war schon vor Beginn der Spiele so groß wie die Begeisterung. Spürbar wurde das beim Empfang in der Dienstvilla des Hessischen Ministerpräsidenten in Wiesbaden, wo die kleine Delegation feierlich in ihr Abenteuer verabschiedet wurde. „Bei ihnen allen sind Vorfreude und Entschlossenheit zu erkennen. Sie sind wichtige Botschafter für ein inklusives Zusammenleben“, sagte Regierungschef Boris Rhein. Darauf stürmischer Beifall, - auch von Nico Wohlust (27).
„Ich fand es schön, weil die Worte verständlich waren, die die Politiker gesprochen haben“, erinnert sich der Aktivensprecher, der bei der Veranstaltung selbst mit im Mittelpunkt stand. Er war Teilnehmer einer Talkrunde und durfte - gemeinsam mit Sylvia Ruppel, der Präsidentin von Special Olympics Deutschland in Hessen e.V. -, einen Spendenscheck der Landesregierung über 60.000.- € entgegennehmen. Auf derartige Auftritte wurde der geistig beeinträchtige Handballer aus Eschwege mit einem Medientraining vorbereitet. „Ich kann jetzt viel freier sprechen. Das tut mir gut“, freut sich Wohlust, der bei einer Gartenbaufirma beschäftigt ist und beim Eschweger TSV 1848 in der Bezirksliga spielt. Er lebt bei den Eltern, die mächtig stolz auf ihn sind – ob er nun eine Medaille gewinnt oder nicht. Er selbst hat ohnehin einen anderen Fokus: „Wir wollen uns mit anderen Teams messen und neue Freundschaften aufbauen.“
Die butterweiche Kapitänin
„Die Freude des Mitmachens, im Mittelpunkt zu stehen, das bringt für viele unserer Sportlerinnen und Sportler einen Persönlichkeitsschub“, beobachtet Sylvia Ruppel, die solche Entwicklungen als Pädagogin gut einschätzen kann. Sie hofft, dass die Schwungkraft der Special Olympics Bewegung über die Weltspiele hinausreicht, sich künftig auch regional stärker abbildet. Wie beispielsweise beim BC Marburg (Blue Dolphins), wo Emma Spill (22), die stellv. Kapitänin des Teams SOD 3x3 Basketball/Frauen, nicht nur sportlich beheimatet ist. Die junge Frau mit Downsydrom wohnt dort in einer WG und arbeitet bei der Lebenshilfe Gießen in der Kantine.
Wie alle Hessen bei den Weltspielen wird sie von der Sportstiftung Hessen gefördert, was Mutter Gaby Spill-Ebert viel bedeutet: „Viele Eltern wären überfordert, aber die Unterstützung ist auch als Wertschätzung so wichtig.“ Die Sportstiftung Hessen hat zur Unterstützung der hessischen Athletinnen und Athleten ein „Special Olympics Hessenteam“ gebildet. „Es ist für uns selbstverständlich, dass wir die Sportlerinnen und Sportler analog zum Hessenteam 2024, das aus olympischen und paralympischen Athletinnen und Athleten besteht, auf dem Weg nach Berlin unterstützen“, so Thomas Neu, Geschäftsführer der Sportstiftung.
Gaby Spill-Eberts Tochter Emma, die mit dem BC Marburg bei den Nationalen Spielen 2022 Gold holte, hat an Selbstvertrauen nochmals hinzugewonnen: „Wir wollen alle Körbe werfen, konzentriert sein und das Ding gewinnen.“ Menschlich kümmert sie sich um ihre Mitspielerinnen: „Ich mache alles, was ansteht, bin aber eine butterweiche Kapitänin.“
Es gibt noch viel zu tun
Diese Ansage freut Hilde Rektorschek (BC Marburg), die neben fünf weiteren Trainern und drei Unified-Partnern (Sportlerinnen und Sportler ohne Behinderung) ebenfalls in Berlin mit dabei ist. Auch sie hat die Hoffnung, dass ihre Schützlinge einen starken Auftritt hinlegen. Noch mehr Gewicht hat für sie die positive Entwicklung, auf die die Weltspiele ein I-Tüpfelchen setzen: „Inklusion bedeutet ja, dass die Menschen mehr miteinander zu tun haben. Das ist bei den geistig Behinderten aber schwieriger. Da wird immer noch gerne weggeschaut. Dabei gibt es viele, die sogar lesen und schreiben können. Die werden mit den Schwerstbehinderten in einen Topf geworfen, - aus Unkenntnis auch.“ Die Baskeballtrainerin spricht Peter Beuth aus dem Herzen. Der Hessische Innen- und Sportminister sowie Vorsitzende der Sportstiftung Hessen findet: „Wir können die Spiele in alle Wohnzimmer zu bringen und einen Transformationsprozess anstoßen.“ Auch in Hessen, dem einzigen Bundesland mit einem ministeriellen Referat für Inklusion, gelte es ab Tag 1 nach dem größten Multisportevent seit Olympia 1 972 in München, diese Chance zu nutzen.
Text: Margit-Rosa Rehn

Über die Sportstiftung Hessen
Hochleistungssport ist im Nachwuchs- und im Spitzensportbereich mit massiven Aufwendungen verbunden. Trainingslager, Fahrtkosten zum täglichen Training oder Unterbringungskosten im Sportinternat sind nur einige Beispiele. Diese müssen oft von den Sportlerinnen und Sportlern selbst oder deren Eltern getragen werden. Die Sportstiftung Hessen sieht ihre besondere Aufgabe in der nachhaltigen Unterstützung hessischer Kaderathletinnen und -athleten in Form von Zuschüssen für Aufwendungen im Sport. Sportliche Talente dürfen nicht aufgrund fehlender finanzieller Möglichkeiten verloren gehen“. Gründer und Träger der Sportstiftung Hessen sind das Hessische Ministerium des Innern und für Sport sowie der Landessportbund Hessen. Gemeinsam mit einem breiten Förderkreis unterstützt die Sportstiftung Hessen jährlich rund 300 Athletinnen und Athleten in nahezu 50 verschiedenen Sportarten.
Weitere Informationen zur Sportstiftung Hessen finden Sie unter:
www.sportstiftung-hessen.de sowie auf https://www.facebook.com/sportstiftunghessen und https://www.instagram.com/sportstiftung.hessen/
Fotos:
Athletenverabschiedung_Gruppe: In der Dienstvilla von Ministerpräsident Boris Rhein wurden die hessischen Athletinnen und Athleten verabschiedet, die an den Special Olympics World Games in Berlin teilnehmen.
Bild, Moderation Julia Nestle: Moderatorin Julia Nestle interviewt Special Olympics Teilnehmer Nico Wohlust aus Eschwege
Gruppenbild Scheckübergabe: Hilde Rektorschek (Trainerin beim BC Marburg, 2. Von links), Sylvia Ruppel (Präsidentin von Special Olympics Deutschland in Hessen e.V.) und Special Olympics Teilnehmer Nico Wohlust freuen sich über den Spendenscheck, den Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (links) und Sportminister Peter Beuth (rechts) überreichen.
veröffentlicht am 16.06.2023